Humuswissen



Was ist Humus?
Humus bezeichnet die Gesamtheit der fein zersetzten organischen Substanz im Boden. Der Humus im Boden ist kein statischer Speicher, sondern abhängig von komplexen Prozessen zwischen Pflanzen, Wurzeln, Bodenorganismen und der Bodenstruktur. Durch die landwirtschaftliche Nutzung lassen sich diese Prozesse steuern und der Humusgehalt kann auf- oder abgebaut werden. Humusaufbau bedeutet, durch vielfältigen Pflanzenbewuchs CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen, das Bodenleben zu fördern und so organischen Kohlenstoff im Bodenkreislauf zu halten.

Diese Vorteile bietet der Humusaufbau
> Klimaschutz: Durch Humusaufbau wird der Atmosphäre CO2 entzogen. Ein Prozent Humus speichert etwa 50 Tonnen CO2

> Klimaanpassung: Mit einem Prozent mehr Humusgehalt kann der Boden durchschnittlich 250.000 Liter Wasser mehr pro Hektar aufnehmen. Dieses Wasser steht den Pflanzen in Trockenzeiten zur Verfügung. Die erhöhte Wasserspeicherfähigkeit schützt zusätzlich vor Hochwasser und Erosion.

> Fruchtbarkeit und Filterfunktion: Der Boden kann durch eine Erhöhung des Humusgehalts mehr Nährstoffe speichern. Dadurch werden weniger Nährstoffe ausgewaschen und das Grundwasser wird vor schädlichen Einträgen geschützt. Darüber hinaus lassen sich bei gleichbleibend hohen Erträgen die Düngemittelmengen erheblich reduzieren. 

> Bearbeitbarkeit des Bodens: Durch die verbesserte Bodenstruktur, sind Böden besser befahrbar. Sie neigen weniger zu Verdichtung und der Zugleistungsbedarf (Dieselverbrauch) für die Bodenbearbeitung sinkt.

> Pflanzengesundheit: Die Pflanzen sind weniger anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Deshalb kann die Menge eingesetzter Insektizide und Fungizide stark reduziert werden.

> Förderung der Biodiversität: Lebendiger, humusreicher Boden bietet ein optimales Habitat für ein vielfältiges, artenreiches Bodenleben. Dieses nimmt eine wichtige Rolle für das gesamten Ökosystem ein.

 

Wie funktioniert Humusaufbau? – Prinzipien für Regenerative Landwirtschaft und Humusaufbau
Wer nach Ansätzen für Humusaufbau beziehungsweise der Regeneration eines biologisch gesunden Bodens sucht, stößt schnell auf die Regenerative Landwirtschaft.

Die regenerative Landwirtschaft definiert sich über Ziele (Outputs) und weniger über die Vorgabe bestimmter Maßnahmen oder Inputs. Sie ist deshalb gleichermaßen für konventionell als auch biologisch wirtschaftende Landwirt/innen interessant. Ziel ist die Erhöhung des Humusgehalts im Boden. Durch entsprechende Maßnahmen erzeugt die regenerative Landwirtschaft gesunde Lebensmittel, schützt Gewässer, stärkt die ökologische und kulturelle Vielfalt und erhöht die wirtschaftliche Resilienz.


Zentrale Prinzipien der Regenerativen Landwirtschaft

  1. Orientierung an den Dynamiken und Mustern der Regeneration in der Natur
  2. Steigerung  der Photosynthese-Leistung, des Biomassezuwachses und der Durchwurzelung
  3. Steigerung der Vielfalt (Biodiversität)
  4. Förderung der Bodenstruktur
  5. Verstärkte Einbindung mehrjähriger Pflanzen

Daraus lassen sich Maßnahmen ableiten und weiterentwickeln, die jedoch immer an Kontext und Standort angepasst werden müssen. Dies sind beispielsweise: Untersaaten, Zwischenfrüchte, Mischfruchtanbau, Agroforstsysteme, Minimalbodenbearbeitung, Vitalisierung von Kulturen, Aufbereitung von Wirtschaftsdünger und holistisches Weidemanagement. 
 

Diese Erkenntnisse bringt die "Neue Humustheorie"
Im Laufe des vergangenen Jahrzehntes entwickelte sich in der Wissenschaft eine neue Humustheorie. Sie das bestehende Verständnis in Frage. Bisher wurde Humus meist nur als Anreicherung toter organischer Substanzen (zum Beispiel die Überreste von Blättern oder tierischen Ausscheidungen) oder als durch Mikrobiologie aufgebaute Huminstoffe betrachtet. Mit der neuen Humustheorie setzt sich die Erkenntnis durch, dass Humus unter dem Einfluss des Bodenlebens einem kontinuierlichen Ab- und Aufbau unterliegt.

Sehr wichtig für den Aufbau ist daher ausreichend Nachschub an neuem organischem Material. Der Boden sollte deshalb möglichst das ganze Jahr über durch artenreiche, grüne Pflanzengemeinschaften bewachsen sein. Für den Humusaufbau spielt die Bildung von Zucker durch Photosynthese eine zentrale Rolle.

Wurzeln sind für den Humusaufbau von großer Bedeutung
Einen beachtlichen Teil dieser Zuckerverbindungen geben die Pflanzen direkt über die Wurzelspitzen an den Boden ab (Wurzelexudate). Während des Wachstums produzieren die Pflanzen fortwährend neue Feinwurzeln und alte Wurzeln sterben ab. Die Wurzelreste sind für den Aufbau von Humus vier Mal so effektiv wie der Eintrag oberirdischer Pflanzenrückstände.

Bodenorganismen schaffen eine stabile Bodenstruktur
Zuckerverbindungen aus den Wurzeln und abgestorbene Überreste der Pflanzen ernähren wiederum die Bodenorganismen. Im Gegenzug unterstützen diese Organismen die Pflanzen in vielfältiger Weise: Zum Beispiel lösen sie Nährstoffe und produzieren Abwehrstoffe gegen Schädlinge. Die Ausscheidungen und Überreste toter Bodenorganismen verkleben den Boden und binden sich an sogenannte Ton-Humus-Komplexe. Sie sorgen so für eine runde feinkrümelige Bodenstruktur mit vielen Hohlräumen. Diese kann sehr gut Wasser speichern. Auch Starkregenereignissen hält sie stand.

Kreisläufe schließen und Systeme regenerieren 
Humusaufbau bedeutet also durch die kontinuierliche Förderung des Bodenlebens organischen Kohlenstoff im Bodenkreislauf zu halten. Die Bewirtschaftungsweise des Bodens ist dafür ausschlaggebend. Durch die Orientierung an den Prinzipien regenerativer, humusfördernder Bewirtschaftung werden natürliche Kreisläufe wieder geschlossen, Systeme regeneriert. Dies schafft die Grundlage für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Die Landwirtschaft nimmt dabei eine aktive Rolle im Umwelt- und Klimaschutz ein und ist Teil der Lösung vielfältiger Herausforderungen.

 

Weiterführende Informationen zu Humusaufbau und Regenerativer Landwirtschaft

> Gut und unterhaltsam zum Einstieg: 30min BR-Doku über Humusaufbau und Regenerative Landwirtschaft: Rettung für den Ackerboden BR Fernsehen

> Kurze Einführungstexte in zentrale Aspekte des Humusaufbaus, humusaufbauende Maßnahmen, sowie Veranstaltungen und Erfahrungen des Humus+ Netzwerkes in Österreich

> Dr. Konrad Egenolf (Landwirtschaftskammer NRW) (2022): Die neue Humustheorie und was wir daraus für die Landwirtschaft ableiten können

> Ein eher klassischer Einführungstext in die Humuswirtschaft: Verbund der Landesanstalten und Landesämter für Landwirtschaft (2020):Grundsätze der Humuswirtschaft: Humus, Humusgehalt

> Kostenfreie, umfangreiche Online-Agrar-Filmbibliothek mit vielen Experteninterviews zu den Themen (regenerative) Pflanzenernährung, Düngung und Bodenfruchtbarkeit des Vereines zur Förderung einer umweltschonenden Düngung e.V. Startseite • WISSEN-schafft-PRAXIS

> Umfassender Überblick über Ansätze zu Klimaschutz und Humusaufbau in der Landwirtschaft mit weiterführenden Quellen aus der Klima-Bauern-Modellregion Graubünden

> Thematische Kurztexte zum Einstieg und weiterführende Quellen – Veranstaltungen im deutschsprachigen Raum: https://www.regenerativ.eu/blog

> Deutschlandweite Höfe-Karte und Veranstaltungen: https://regenerativ.org/

> Ganzheitliche und umfassende Darstellung der Regenerativen Landwirtschaft, ihrer zentralen Elemente, Maßnahmen & Akteure, sowie weiterführende Literatur und Videos (in Englisch): https://regeneration.org/nexus/regenerative-agriculture

> Kostenfreier Online-Einstiegskurs zu regenerativer Landwirtschaft, mit Vorträgen, Praxisvideos und Einstiegstexten (auf Deutsch und Englisch verfügbar): https://vle.regagri4europe.eu

> Kostenfreie Video-Sammlung von Vorträgen zu regenerativer Landwirtschaft vom Symposium Aufbauende Landwirtschaft

> Ausführliche Informationen zum Thema Agroforstsysteme Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft

> Online Wissensdatenbank zum Thema Regenerative Landwirtschaft (Englisch) https://climatefarmersacademy.org/

> International führende Austauschplattform zu Regenerativer Landwirtschaft mit Online Webinaren und internem Forum: https://kindharvest.ag/courses/

Florian Schmid

Der HUMUS BODEN PRAXIS Podcast stellt wertvolles Wissen bereit

Gernot Bodner

Wurzelausscheidungen bringen Kohlenstoff in den Boden und ernähren die Bodenmikroben

Michael Keppler

Durch Bodenlebewesen verschlemmungsstabil verbauten, fruchtbaren Boden erkennt man an runden Bodenkrümeln

Florian Schmid

Eine artenreiche Zwischenfruchtmischung als Winterbegrünung

Paul Hofmann

Tritikale-Erbsen als Mischkultur im Ackerbau

Jonathan Kraul

Eine Untersaat nach der Getreideernte sichert eine dauerhafte Bodenbegrünung

Paul Hofmann

Ansetzen eines reduktiven Kompostes verringert Nährstoffverluste und fördert eine probiotische Mikrobiologie

Michael Keppler

Eine Maschinenkombination zur Flächenrotten-Direktsaat

Michael Keppler

Direktsaat von Zwischenfrüchten in die Getreidestoppeln zur ganzjährigen Bodenbegrünung

Jonathan Kraul

Eine Kombination aus nichtwendender Unterkrumenlockerung und Fräse zur Flächenrotte

Paul Hofmann

Komposttee-Herstellung zur Vitalisierung der Ackerkulturen, ermöglicht optimale Photosynthese und Zusammenarbeit mit der Mikrobiologie

Michael Keppler

Holistisches Weidemanagement fördert die Bodenfruchtbarkeit . Gallagher tumble wheel-Zaunpfosten erleichtern das häufige Umzäunen

Olef Koch

Agroforstsysteme sind eine der effektivsten Klimaschutz und -anpassungs Maßnahmen

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